Mir iewer uns Arzgebarcher...

(eine historische Beschreibung des Erzgebirglers)

erzgebirgischer Bauer Um die Erzgebirgler kennen zu lernen, muß man sie in ihrer Behausung aufsuchen: den Wirtschaftsbesitzer und den Waldarbeiter, den Fabrik- und Heimarbeiter, den Handwerker und den kleinen Kaufmann. Oder man muß auf der Kleinbahn ihren Gesprächen lauschen. Sie sind auf der Reise gegen ihre Kinder so freundlich und gütig wie die Tiroler. In ihrer Unterhaltung offenbart sich leicht einmal etwas Selbstgefälliges, aber noch mehr natürlicher Verstand, inniges Gemütsleben und stillfrohe Genügsamkeit. Ihre Ausdrucksweise ist derb anschaulich, kräftig sinnlich, reizvoll ursprünglich. Der Erzgebirgler neckt sich auch gern, aber nicht in ätzendem Spott, sondern in gutmütiger Schalkheit, er ist gegen fremdes Weh sehr mitleidig, gegen Armut sehr freigiebig, und je höher wir in seine Berge hinaufkommen, um so mehr mischt sich, wie bei anderen Waldleuten, auch seinem Wesen etwas Träumerisches und Versonnenes bei.

So ist er für Musik ganz besonders empfänglich. Auf den Höhen des Gebirges tönt Gesang und der weiche Klang der Ziehharmonika fast aus jeder Hütte, nicht nur die Gitarre, sondern auch die Geige sind Sprachmittel der Seele bis in die ärmsten Volksschichten, ganze Ortschaften sind wie Preßnitz ´Musikantenstädte´ geworden. Das tiefe Gemüt des Erzgebirglers offenbart sich auch in seiner Heimatliebe. Selbst in Zeiten, wo die Erwerbsverhältnisse im Gebirge sehr dürftig waren, wanderte zwar der Erzgebirgler viel in der Welt herum als Händler mit Spitzen, Bändern, Blechzeug, Spielwaren, Holzgeräten, Arzneikräutern u.a., aber er wanderte nicht gern aus, sondern kehrte immer wieder auf seine angestammte Scholle zurück. Und wenn vor dem Kriege der Weltverkehr die unternehmungslustigen Gebirgler in andere Länder führte, so blieben sie doch meist im Herzen getreue Söhne der Heimat und hielten fest zusammen. Sie erkennen einander draußen an der Vorliebe für bestimmte Gerichte und am Tonfall der Rede, einen Verein der Erzgebirgler gibt es nicht nur in den sächsischen und böhmische Großstädten, sondern auch in Berlin und Hamburg, ja sogar in London und Neuyork.

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